Atropin

Kurzreferat

Autor: Beat Strasser < beat at stradax dot net >
Version: 9.12.1997

Inhalt

Einführung

Atropin ist ein Alkaloid, das in allen Nachtschattengewächsen (Solanaceen) vorkommt, einschl. Stechapfel, Tollkirsche, Bilsenkraut und Alraune (Wurzel von Mandragora officinarum). Der Wirkstoff Atropin wurde 1883 vom deutschen Apotheker Mein isoliert.

Atropin als Rauschmittel

Sollte es um den Gebrauch als Rauschmittel gehen, gibt es einige andere weit weniger gefährlich Substanzen als ausgerechnet Tropan-Alkaloide.

Die Rauschdauer dauert meistens ca. 24 Stunden. Psychisch verwirrte Zustände können aber noch bis zu einer Woche andauern. Und die Pupillenerweiterung kann bis zu 72 Stunden beobachtet werden. Nach dem Konsum vergehen bis zum Eintritt der Wirkung etwa 6 Stunden. Die Aufnahme des Stoffes geschieht durch Inhalation oder oral als Tee. Der Nachweis in Blut, Urin und ggf. Speichel ist möglich. Während des Rausches tritt starke Euphorie und Erregung auf, sowie starke Halluzinationen – gelegentlich glaubt der Konsument, sich in ein Tier verwandeln zu können.

Die körperlichen Rauschauswirkungen sind: Pupillenerweiterung, Nachlassen der Sehschärfe (Akkomodationsstörungen), Durstgefühl, Gleichgewichtsstörungen, sowie der Anstieg von Puls und Körpertemperatur, die Gefahr der Atemlähmung, Verwirrtheitszustände und Schweissausbrüche.

Die rauschwirksame Dosis liegt ca. bei 10 bis 60 mg. Eine Überdosierung führt zu schwersten Vergiftungserscheinungen. Da die Dosierung wegen des unterschiedlichen Wirkstoffgehaltes bei jeder einzelnen Pflanze unterschiedlich ist, besteht eine hohe Gefahr einer ungewollten Überdosierung.

In der kriminellen Drogenszene sind Tropan-Alkaloide jedoch nur sehr selten zu finden. Als Rauschgiftdrogen spielen die Nachtschattengewächse heute nur noch bei einigen Eingeborenen-Stämmen Südamerikas, Afrikas und Australiens eine grössere Rolle.

Das Gift

Die höchsten Konzentrationen der Giftstoffe der Nachtschattengewächse liegen in den Wurzeln vor. Der Verzehr von zehn bis zwanzig Tollkirschenbeeren aber verursacht bei Erwachsenen eine schwere Vergiftung und kann zum Tod führen. Kinder können schon nach zwei bis fünf Beeren sterben.

Der Vergiftete wird merklich unruhig, unaufmerksam und zerfahren. Er beginnt mit sich selbst zu reden und zeigt psychisch abartige Reaktionen. Wahrscheinlich als Folge von Illusionen und Halluzinationen kauern sich die Vergifteten in eine Ecke, kriechen auf allen Vieren durchs Zimmer oder laufen im Kreise herum. Sehr typisch sind die Reaktionen bei Massenvergiftungen. Macht einer etwas Unsinniges vor, gleich ahmen es die anderen nach. Wenn die Erregungszustände abgeklungen sind, beginnt sich das Bewusstsein zu trüben und der Berauschte fällt in einen tiefen Schlaf. Aus ihm erwacht er nach mehreren Stunden, geschwächt und unfähig, zusammenhängend zu denken. Die Erinnerung an das Vorgefallene ist zum Teil gänzlich ausgelöscht.

Nur das Kaninchen und einige Vögel können als einzige Tiere diese Pflanze ungestraft verzehren, doch wird ihres Fleisch dadurch für den Menschen giftig. Bei Atropinvergiftung aber wirkt Mestinon und Physiostigmin als Antidot (Gegenmittel).

Zur Verwendung

Atropin kann zur Behandlung der Gallen- oder Nierenkolik eingesetzt werden. Es findet Verwendung bei inneren Krankheiten und in der Augenheilkunde, wirkt des weiteren auf die glatte Muskulatur und hat krampflösende Eigenschaften. Da die Chemiker einige unerwünschte Nebenwirkungen dieser Alkaloide durch chemische Abwandlungen des Moleküls beseitigen konnten, sind sie für den Arzt noch interessanter geworden.

Atropin war auch in Asthmazigaretten, die heute nicht mehr im Handel sind, zu finden. Eine Asthmazigarette enthielt im Schnitt 2,4mg Hyoscyamin (ein weiteres Alkaloid), welches sich beim Verbrennen in Atropin umwandelt.

Die frühere Verwendung

Wegen bewusstseinsverändernder Wirkung wurde Atropin früher in geringer Dosierung Bestandteil von Hexenrezepturen.

Atropin wurde aber auch als Kosmetikum gebraucht, deshalb heisst der Artname auch Atropa belladonna – schöne Frau. Im alten Rom stellten sich die Frauen aus der Tollkirsche Schminke her, mit der sie die modische Blässe ihres Teints bewahren konnten und um den Augen strahlenden Glanz und einen feurigen Blick zu geben.

Zu nennen ist auch die Alraune, Atropa mandragora, das einen wichtigen Bestandteil der alten chinesischen und ägyptischen Arzneimittel darstellte und in keinem Liebestrank fehlen durfte.

Da Atropin Sekretionsvorgänge, insbesondere die Sekretion der Magensäfte, drosselt, gehörte es jahrzehntelang zur Therapie von Magengeschwüren. Es wurde nicht selten auch als Mordgift verwendet. So erhielt z. B. das Bilsenkraut den Beinamen 'Altsitzerkraut', weil man es gelegentlich auf dem Lande dazu verwandte, um unnütz herumsitzende alte Leute ins Jenseits zu befördern. Vor allem diente die Tollkirsche im Mittelalter aber zur Herstellung von Hexensalben und Hexentränken.

Wirkungsweise der Substanz im Körper

Atropin blockiert, also lähmt, die Acetylcholinrezeptoren in den Synapsen des Herzens, der Eingeweide und der Irismuskeln im Auge. Der Tod erfolgt durch Herzstillstand. Atropin beeinflusst das Herz-Kreislaufsystem, vor allem aber das vegetative und zentrale Nervensystem.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen: Atropin kommt in alle Nachtschattengewächsen vor. Man sollte es nicht als Rauschmittel verwenden wegen einer ungewollten Überdosierung, was verheerende Wirkungen haben kann. Mit Atropin behandelte man früher Magengeschwüre und benutzt es auch heute noch bei inneren Krankheiten, da es krampflösende Eigenschaften hat.